Ratinger Hof, Duesseldorf, irgendwann im Laufe der 80er Jahre. Ich stehe wie so oft auf dem erhoehten hinteren Podest und schaue nur. Meine damalge Erscheinung: gross, langer schwarzer Original Feuerwehrmantel, Schnabelschuhe, auftoupierte, schwarzgefaerbten Haare, schwarz lackierte Fingernaegel. Ich hoere der Musik zu, denn Musik ist ganz wichtig in meinem Leben. King Kurt, Bauhaus, Adicts, Christian Death, Laibach, Punk, Psychobilly, Dark Wave (ich weiss gar nicht mehr genau, ob es damals schon diese Bezeichnung gab). Manchmal unterhalte ich mich auch. Z.B. mit beinharten Psychos. Wir schwaermen gemeinsam von Wandrin' Star von Lee Marvin. Einer sagt bedauernd: Schade, dass du kein "Psycho" bist. Saubere Trennung war angesagt. Das konnte ich nie nachvollziehen. D., mit der ich damals zusammen war und -lebte, steht weiter unten, in der Naehe der Bar. Sie ist die kommunikativere. Hochtoupierte, schwarze, hueftlange Haare, ganz in schwarzem Leder, schwarze Cowboyboots. Manchmal geht sie ins Papidoux oder diesen Blues Keller (Namen vergessen), um ihrer Vorliebe fuer Hardrock und Blues zu froenen und Unmengen Southern Comfort zu trinken. Janis Joplin ist ihr Vorbild.
Manchmal steht D. jedoch auch einfach nur da in der Naehe der Bar an einem Stehtisch inmitten des ganzen Chaos aus Punk, Alkohol und Pogo und hoert Musik auf ihrem Walkman. Jemand moechte wissen, was sie da hoert. Sie gibt ihm die Kopfhoerer und er ist bass erstaunt. Edith Piaf. Je ne regrette rien. Eines ihrer damaligen Lieblingslieder. Auch ich hoere zu dieser Zeit immer wieder zwischen all dem Punk und Gruft Edith Piaf.
Dann kommen natuerlich andere Zeiten. In Bezug auf Musik: Elektronik, Avantgarde, Drum and Bass, Deep House, Amon Tobin, Aphex Twin, Kruder und Dorfmeister, Adam F. Form follows function. Zwischendurch jedoch immer wieder und konstant Edith Piaf. U.a. Je ne regrette rien. Mein Lieblingssong von ihr.
Seit gut 3 Jahren Hinwendung meinerseits wieder zu rockigeren, erdigeren Klaengen. Rock, Psychedelic, Neo Psychedelic, 13th Floor Elevators, Black Angels, Pretty Things, Black Keys, Black Hollies, Mogwai. Und immer wieder und immer noch: Edith Piaf. Je ne regrette rien.
Moden kommen und gehen. Zeitlos Tiefgehendes, das Speicherbewusstsein Beruehrende bleibt. Und wird, fernab jeder Modewelle und jeglichen Hypes, immer da sein.
Edith Piaf. Je ne regrette rien. Grossartig.
Statt einer Filmkritik. Gedankenfetzen zu: La Vie En Rose, Frankreich 2007. Soeben gesehen auf EinsFestival HD. Wieder einmal Traenen in den Augen. Letzter Song im Film: Je ne regrette rien.
Currently playing in the foreground: Edith Piaf - Mon Dieu
Nachtrag:
Mich hat sehr bewegt und gefreut, dass Edith Piaf waehrend ihres gesamten harten und chaotischen Lebens jeden Tag zu Gott gebetet und ihm vertraut hat. Obwohl ich beileibe kein Christ bin. D.h. sie hat Verbindung zu etwas sehr Tiefgehendem (oder Hoeherstehenden, je nach Sichtweise) gehabt, das in nicht unerheblichem Masse dafuer verantwortlich ist, solch eine zeitlose Musik entstehen zu lassen, die Menschen jeglicher Couleur und Schichten anspricht, und nicht nur eine begrenzte Fangemeinde oder Subkultur.
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