Ich fliege freiwillig bei strahlendem Sonnenschein in ein Land, in dem ich, obwohl es gar nicht so weit von Deutschland entfernt liegt, noch nie gewesen bin und in dem es noch mehr regnet als in Duesseldorf. Die normalen Fluesse sind dort schon so breit wie sonst ueberall auf der Welt die Meeresbuchten.
Nach der Landung in der Hauptstadt muss ich sofort weiter in eine ca. 70 km entfernte Industriestsadt, da ich noch am selben Abend den 1. wichtigen Termin habe. Ich hatte im Vorfeld keinerlei Zeit, mich um irgendwelche Verkehrsverbindungen zu kuemmern. Der Airport Shuttle faehrt jedoch direkt bis zur Railwaqy Station. Das Wetter ist stuermisch und regnerisch. Was ich an Vororten waehrend der Busfahrt sehe, gefaellt mir und Ich fuehle mich sofort wohl. Schoene, charmante, alte Haeuser und Siedlungen. Die Railway Station ist klein und alt + hat ebenfalls Charme. Von dort fahren in einem Rhythmus von 15 Minuten die Zuege zu meinem Bestimmungsort.
Auf dem Weg zum Bahnsteig kommt mir Inspektor Rebus
entgegen. Er hat jedoch nicht viel Zeit, denn er muss gerade wieder
einen kniffligen Kriminalfall loesen und nebenbei noch - wie fast jeden Tag -
seinen Kater mit einem Irn-Bru und 2 Alka Seltzer bekaempfen. Waehrend
der Zugfahrt erscheint DI Rebus noch mehrere Male, wenn diesmal auch
nur virtuell in meinem Kopf. Einmal weist er mich darauf hin, zum 1.
Mal in meinem Leben ein Irn-Bru zu trinken. Normalerweise mag ich ja
so ein Zuckerzeug nicht, jedoch moechte ich mich mit den
Gepflogenheiten der Einheimischen so weit als moeglich vertraut machen.
Und
ja, es schmeckt wirklich gut, hat einen ganz individuellen Geschmack
und aus meiner Sicht das Zeug, in Deutschland neben der jetzt ueberall anzutreffenden
Bionade zum Kultgetraenk zu werden. Ich mache eine virtuelle Notiz in meinem Kopf, das mit in
meine Importplanungen fuer mein neues Business einzubeziehen.
Die Landschaft, die am Zugfenster vorbeizieht, ist - ob des vielen Regens - natuerlich aeusserst gruen und fruchtbar. Sie hat eine ganz eigene Energie und ein spezielles Aussehen, so wie ich es noch nie empfunden habe. Nach zwei Dritteln der Strecke aendern sich jedoch Landschaft und Energie. Alles wird x-beliebig und langweilig. Dieser Eindruck setzt sich am Zielort fort. Ich komme in einer langweiligen, haesslichen Industriestadt an, die aussieht wie 1000 andere Staedte auch.
Mein Hotel ist gut zu Fuss vom Bahnhof aus zu erreichen und preiswert und zweckmaessig. Ich beschwere mich jedoch erst einmal aus irgendeinem an den Haaren herbeigezogenen Grund lautstark bei der Rezeptionistin, nur um ihr zu zeigen, wo der Barthel den Most holt. Damit sie wieder besser draufkommt, poppe ich sie sofort danach in dem kleinen Buero hinter dem Empfangstresen, waehrend die naechsten Gaeste schon warten. So viel Zeit muss jedoch sein. Bei ähnlichen Gelegenheiten habe ich festgestellt, dass vor allem Japaner sehr geduldig sind. Einmal dauerte es 5 Stunden, bis die Rezeptionistin (eine junge Frau aus Wales) und ich mit poppen fertig waren, da sie mittendrin einen Scheidenkrampf bekam und wir so lange warten mussten, da alle verfuegbaren Aerzte und Krankenwagen im Einsatz beim gerade zu diesem Zeitpunkt in dieser Stadt stattfindenden G8-Gipfel waren. Autonome, Clowns Armee und Schwarzer Block hielten die ganze Stadt in Atem, da die Staatsmacht nicht fruehzeitig und konsequent genug gegen sie eingeschritten war. Waehrend also draussen der Baer los war, stand ich mit heruntergelassener Hose in der offenen Buerotuer, so dass eine Reisegruppe von Japanern beiderlei Geschlechts mit gutem Ausblick auf mein Hinterteil am Empfangstresen warten musste, waehrend ich einen Abgang nach dem anderen bekam. Die Japaner murrten jedoch kein einziges Mal und warteten brav, bis ein endlich eintreffender Arzt mit einer Spritze die Rezeptionistin und mich aus unserer misslichen Situation befreite.
Nach der Popperei (dieses Mal zum Glueck ohne Komplikationen) dusche ich mich (auch so viel Zeit muss sein) und nehme meinen Termin wahr. Anschliessend fahre ich mit dem Taxi (ich mag die speziellen in diesem Land gebraeuchlichen Gefaehrte) wieder ins Hotel, um an der Bar noch ein paar Drinks zu nehmen. Ich fachsimpele mit dem afrikanischen Barmann ueber Kenia und speziell den Stamm der Luo. Seitdem ich Melissa kennengelernt habe, deren Grosseltern Nachbarn von Barrack Obamas Grosseltern waren (alle dem Stamm der Luo angehoerend), meine ich, da mitreden zu koennen.
Da kein einziges weibliches Wesen mehr am Tresen steht, muss ich noch einmal raus in die umliegenden Bars, um mir noch etwas zum Poppen fuer die Nacht zu besorgen. Einmal am Tag reicht mir manchmal nicht.
Blick aus meinem Hotelzimmer in nüchternem Zustand (eine typische hässliche Industriestadt):
Blick aus meinem Hotelzimmer nach etlichen Drinks (von der hässlichen Industriestadt ist nicht mehr viel übrig geblieben...):
Zum Schluss noch ein Hinweis in eigener Sache:
Die ganze Popperei hier erscheint als Reminiszenz an einen gewissen Helge Schneider (den einzigen legitimen Nachfolger von Karl Valentin), der fast auf den Tag genau so alt ist wie ich und das Wort Poppen in die hohe Literatur eingefuehrt hat.
Currently playing in the background: Buffalo Daughter - Psychic-A-Go-Go
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