Warum fühle ich mich in der Welt der Brothers Quay so viel wohler als in der Welt der Bushaltestellen, Meetings, Thermoskannen, Mixer, Fanartikel und Vernunftbegabten?
Reise in die Welt der Brothers Quay: hier und hier
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Was macht man während der fast einstündigen Zugfahrt in's Büro, da mein seit einer Woche kein Auto mehr hat? Man beschäftigt sich z.B. endlich einmal mit den vielfältigen Funktionen seiner digitalen Spiegelreflexkamera, wozu man seit einem Jahr nicht gekommen ist. Oder man geht in die Düsseldorfer Bahnhofsbuchhandlung und entscheidet sich, eine Zeitschrift zu kaufen, die man noch nie gelesen hat. Wie heute morgen - nicht unbeeinflusst von den aktuellen Ereignissen in Nahost - die Wochenzeitung Jüdische Allgemeine, an der so interessante Publizistenwie Ingo Way, Hannes Stein und Ralph Giordano mitarbeiten.
Der Aufmacher auf Seite 1 ist ein Zwischenruf einer agyptischen Muslima - der in New York lebenden Kolumnistin Mona Eltahawy, die für Publikationen in Ägypten und Katar schreibt.
In der Einleitung nach der Erwähnung eines Selbstmordattentäters, der sich am 28. Dezember in der irakischen Stadt Mosul inmitten einer antiisraelischen(!) Demonstration auf dem Fahrrad in die Luft sprengte, schreibt sie:
Auf den Straßen Mosuls schliesst sich dieser perverse und pathologische Kreis, der sich am besten durch ein abgewandeltes Zitat von Karl Marx fassen lässt: Israel ist das Opium des Volkes.
Und weiter:
Es ist Israel, das unserem Opfersein Sinn verleiht. Das, was wir uns gegenseitig antun, zählt nicht. Es fällt schwer, in diesen Tagen Palästinenser zu kritisieren, da so viele sterben. Doch ide Hamasföhrer in Gasa schliessen sich einer langen Reihe von Regierungen an, die ihr Volk im Stich ließen. (...) Die Islamisten legen weniger Wert auf das Wohlergehen ihres Volkes als darauf, Israel zu trotzen. Daher sind die Zivilisten in Gasa nicht nur die Opfer von Israels Angriffen, sondern auch Opfer der Hamas. (...) Ich frage die Ägypter und andere, die in der Region leben und ihren Zorn gegen Israel hegen: Wo ist euer Zorn gegen die Menschenrechtsverletzungen, die Folter und Unterdrückung in euren eigenen Ländern? Wenn sich jede Woche in den arabischen Hauptstädten solch riesige Menschenmengen zusammengefunden hätten, wären die Diktatoren schon vor Jahren gestürzt worden.
Ich möchte noch erwähnen, dass ich nicht alle Sichtweisen und Einschätzungen der Autorin in diesem Artikel teile.
Mit der Aussage auf dem folgenden Plakat, aufgenommen auf einer Pro-Israel-Demo in München, kann ich mich jedoch voll identifizieren.
Sie liebt Meerschweinchen und Hauskatzen. Manchmal auch Hausschweine und mehr Katzen.
Ihr Leben verläuft mehr als durchschnittlich.
Manchmal besucht sie ihre Sex Tanten.
Sex ist für Agapita nicht so wichtig. Sie sagt sich immer: Wenn ich schon Agapita Siebentritt heisse, wozu brauche ich dann noch Sex. Manchmal kommt sie jedoch nicht umhin, die Klaviatur des quadratischen Greises auf ihren Schamlippen zu spielen.
In solchen Momenten hat sie Eingebungen wie diese:
Der kosmische Blutstrahl des Unendlichen wird zum Gewährsmann der Glückseligkeit - wenn wir es nur wollen.
Die Fabulierkunst eines Kleinohrhasen ist meist nur ein ichbezogener Reizschwall.
Rudi! Mentäres Glück ist nur eine Illusion!
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Leicht verwirrt läuft der nicht mehr ganz so junge Mann unter der Brücke auf dem Autobahnzubringer umher. Sein Blick fällt auf ein am Boden liegendes Bruchstück einer CD oder DVD - wahrscheinlich einer Porno-DVD. Ist ja lustig, denkt er und steckt es ein. Was soll er auch machen? Er muss warten.
Seine Gedanken gehen wenige Minuten zurück. Er sitzt in seinem Auto und alles ist weiss, wie voller Staub, und es riecht seltsam. Wenig später wird er erfahren, dass ein Auslösen der Airbags wie eine kleine Explosion wirkt und diesen Effekt nach sich zieht. Er weiss nicht mehr genau, wie lange er so dort gesessen hat - 30 Sekunden, 2 - 3 Minuten? Gedanklich checkt der nicht mehr ganz so junge Mann alle seine Körperteile durch und stellt fest, dass ihm nichts weh tut. Alles scheint in Ordnung zu sein (nur Hut und Brille liegen unversehrt auf dem Boden, wie er später bemerkt). Das erstaunt ihn, sah er doch noch vor wenigen Augenblicken eine Mauer auf sich zu rasen. Das geistesgegenwärtige Kurbeln mit dem Lenkrad hatte nichts geholfen. Während das weisse Pulver (oder was das auch sein mag) immer noch durch die Luft wirbelt, fahren eine Menge Autos langsam vorbei und schauen neugierig ins Wageninnere. Alle haben etwas Wichtiges zu erledigen, das nicht verschoben werden kann. Oder sie erfassen intuitiv mit einem schnellen Blick, dass bei dem nicht mehr ganz so jungen Mann alles in Ordnung ist. So muss es sein, denn keiner hält an. Also lässt der nicht mehr ganz so junge Mann die Routine den weiteren Verlauf übernehmen:
Aussteigen (die Tür lässt sich fast problemlos öffnen), die Unfallstelle absichern, über den ADAC den Abschleppdienst anrufen, mit dem netten, blutjungen Polizisten des eintreffenden Streifenwagens Personalien und Formalien durchgehen (da der nicht mehr ganz so junge Mann der einzige Unfallbeteiligte ist, ist er natürlich auch der Unfallverursacher und wird einen Strafbefehl bekommen), beim Warten auf den Abschleppdienst ein wenig verwirrt am Strassenrand umherlaufen, das oben dokumentierte Pornobruchstück finden und einstecken, mit dem Abschleppdienst zusammen das demolierte Fahrzeug auf den Stellplatz der Firma bringen, noch einmal Formalien erledigen und mit der S-Bahn nach Hause fahren.
Auch wenn der Titel dieses Eintrags für Einige das Gegenteil
suggerieren mag - Crash von David Cronenberg (dessen
Filme ich ansonsten mag) gefiel mir überhaupt nicht.
Szenenfoto aus 'Crash' von David Cronenberg
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