Eine Grundsatz - Erklärung von Lila, deren Blog Letters from Rungholt schon seit einiger Zeit in meiner - immer noch äusserst bescheidenen - Blogroll zu finden ist. Als Betroffene beleuchtet sie aus persönlicher Sicht sehr differenziert und gleichzeitig menschlich und bewegend die aktuellen kriegerischen Auseinandersetzungen ihres Landes - in erster Linie unter dem Aspekt des Verhältnisses der Bürger ihres Heimatlandes zur Zahal - zu ihrer Armee, die momentan wieder einmal im Licht der Weltöffentlichkeit steht.
Die Kehrseite des Stereotpys vom bösen Haudrauf Avi Jedermann ist das
Stereotyp vom guten Haudrauf Avi Jedermann. Eine bestimmte Sorte
Israel-Freunde erwartet von Israel, genauer von der israelischen Armee
Zahal, daß sie alle westlichen Frustrationen mit den Moslems, den Arabern, den Islamisten, den Jihadisten,
wem auch immer, ausagiert und es ihnen mal richtig zeigt. Ohne
humanistische Zimperlichkeiten, ohne Rücksichtnahme, ohne Ethos, ohne
Moral. Immer feste druff, es wird schon keinen Falschen treffen. Macht
sie alle! Die kernigen Freunde jubeln aus Europa gern mit, als
Schlachtenbummler, die nicht naß werden, wenn es regnet.
(...)
Im Gegensatz zu anderen Armeen, in denen sich die einfinden, die Armee grundsätzlich gut finden, während alle anderen wegbleiben, verweigern oder den Wehrdienst sonstwie umgehen, zieht Zahal ganze Jahrgänge von Mädchen und Jungen ein. Zahal ist Teil der Familie, für alle Israelis außer moslemischen Arabern und anti-zionistischen Ultra-Orthodoxen. Nicht etwa, wie manche unklugen Beobachter suggerieren, weil Israelis so militärbegeistert sind. Nein, wir stehen hinter Zahal, weil wir es selbst Zahal SIND. Auch jemand wie ich, der nie eine Uniform getragen hat. Zahal ist ganz praktisch Teil meines Lebens, seit ich hier bin.
Jeder von uns unterstützt Zahal, weil die Armee uns beschützt und weil wir dort Leute haben, die wir mögen und auf die wir uns verlassen. Alle Leute, mit denen ich zu tun habe, sind bei der Armee gewesen, sind immer noch im Reservedienst, oder haben liebe Menschen zur Armee geschickt. Wir reagieren kritisch, wenn die Armee Fehler macht (ob es um fahrlässigen Leichtsinn im Umgang mit Soldaten angeht, falsche militärische Entscheidungen oder was auch immer), wir identifizieren uns mit der Armee und sie ist Teil unseres Lebens. So wie für eine Pfarrfamilie die Kirche oder für eine Bergbaufamilie der Pütt Teil des Lebens ist.
(...)
Der Forscher, der Dirigent, die Bildhauerin, sie alle waren in der Armee und haben dort das Ihre gegeben - und ein bißchen von ihrem “spirit” in der Armee gelassen. Die Armee wiederum hat sich, außer in Ausnahmefällen, nicht etwa zum Ziel gesetzt, diesen Geist zu brechen und aus dem Forscher, Dirigenten und der Bildhauerin Rekruten zu machen, die wie Fremdenlegionäre zuschlagen und keine Fragen stellen. Die Armee weiß, daß sie die israelische Gesellschaft zerstören würde, wenn sie das täte. Die Soldaten müssen so unbeschadet wie möglich aus der Armee kommen, in den Gerichtssaal, das Labor, die Autowerkstatt und den Kindergarten zurückkehren. sonst ist Israel in einer Generation kaputt. Tot. Eine Fremdenlegion mit zivilen Anhängseln. Dann wäre die Armee Selbstzweck, aber das Leben in Israel wäre nicht mehr lebenswert.
Zahal bewahrt unser Leben und bewacht unseren Schlaf. Wir sind dafür dankbar. Ich würde nie erwägen, meine Kinder in Deutschland in Sicherheit zu bringen und sie nicht dem Staat dienen zu lassen, der ihnen ermöglicht hat, glücklich aufzuwachsen. Aber Zahal ist keine Armee von Monstern und Robotern, sondern von Menschen, die Menschen bleiben wollen, mit Uniform und ohne Uniform.
Die Kommentatoren und Leser, die mich mit Verachtung auslachen und die Zahal als zu weich kritisieren, haben nicht den geringsten Respekt vor Israel, den Werten, die Israel ausmachen und die das Leben hier lebenswert machen. Israel schenkt der Welt Erfindungen, Krativität, Bücher, Mikrochips, intelligente Lösungen. Es ist dasselbe Israel, das sich überlegt, wie es Zivilisten schont, wie so so effektiv wie möglich und nicht destruktiver als nötig vorgeht. Ich weiß, daß das den Rambo-Fans nicht imponiert, sondern sie nur in ihrem Glauben bestärkt, daß Israel schwächlich ist und ich die Schwächlichste von allen. Darum schreibe ich auch nicht wirklich für sie, sondern für die, die in Israel mehr sehen wollen als den gewaltbereiten Vollstrecker ihrer eigenen Vernichtungsfantasien. Sondern für die, die wirklich verstehen wollen, wie Israel tickt. Respekt vor dem Leben.
Wer nicht begreift, daß ein Kämpfer MIT Gewissen und moralischem Rückgrat viel mehr Respekt verdient als ein gewissenloser, eisenharter Legionär - der hat nichts begriffen. Denn nur der Kämpfer, der mehr ist als Kämpfer, kann seiner Gesellschaft mehr geben als Krieg. Nur er kann auch Frieden machen.
(Hervorhebungen sind von mir)
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Das ist genau die Sichtweise eines Kämpfers und Kriegers, mit der ich mich auch als Buddhist voll identifizieren kann.
Currently playing in the background: Israel Philharmonic Klezmer Jewish Music Band & Klezmer Israel Zohar
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