Bei Timebeat kann man in ansprechender Form beobachten, wie die Zeit vergeht. Obwohl Zeit an sich ja gar nicht existiert.
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Denn immer mehr Physiker und Philosophen kommen zu dem Schluss, dass es
die Zeit objektiv überhaupt nicht gibt. „Das zu erkennen, ist
vielleicht die größte intellektuelle Herausforderung, mit der die
Menschheit jemals konfrontiert wurde“, sagt der Philosoph und Physiker
Vesselin Petkov von der Concordia University im kanadischen Montreal.
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Die Zeit war für Isaac Newton absolut – überall im Universum konnte man
sich Uhren aufgestellt denken, die für beliebige Beobachter synchron
laufen, der Zeitpunkt eines „Jetzt“ sollte universell sein. Albert
Einstein hingegen erkannte, dass die Zeit untrennbar mit dem Raum
verbunden ist, bei hohen Geschwindigkeiten und die Raumzeit krümmenden
Schwerefeldern gedehnt erscheint und für unterschiedliche Beobachter
verschieden ist.
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Der Wissenschaftstheoretiker Yuri Balashov von der University of
Georgia formuliert es noch schärfer: „Jeder, der die
Relativitätstheorie ernst nimmt, kann den Präsentismus nicht ernst
nehmen.“
Der Grund: Im Gegensatz zur Annahme der Physik vor Einstein gibt es in
der Relativitätstheorie keine universelle Gleichzeitigkeit. Zuvor
konnte man sich gleichsam an jedem beliebigen Punkt im Universum Uhren
vorstellen, die exakt synchronisiert laufen. Doch so „tickt“ die Natur
nicht, wie Einstein entdeckt hat. Vielmehr hängt die Zeit vom
Bezugssystem ab. Je schneller sich eine Uhr bewegt oder je stärker das
Gravitationsfeld ist, in dem sie sich befindet, desto langsamer geht
sie. Bei Lichtgeschwindigkeit oder am Rand eines Schwarzen Lochs
vergeht quasi überhaupt keine Zeit.
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EineKonsequenz der Relativitätstheorie hat der Physiker Roger Penrose
von der University of Oxford mit folgendem paradoxen Gedankenexperiment
veranschaulicht: Zwei Menschen, die sich auf der Straße begegnen,
können – wenn sich ihre Geschwindigkeiten extrem unterscheiden – völlig
verschiedene „Gegenwarten“ besitzen. Der eine, der sich in Richtung
Andromedanebel bewegt, lebt zum Beispiel in einer Zeit, in der dort
über eine Invasion beraten wird. Und der andere, obwohl er gerade am
selben Ort ist, lebt dagegen in einer Zeit, in der sich die feindlichen
Raumschiffe bereits auf den Weg gemacht haben.
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„Die Tendenz ist eine radikale. Von Stund’ an sollen Raum für sich und
Zeit für sich völlig zu Schatten herabsinken, und nur noch eine Art
Union der beiden soll Selbstständigkeit bewahren.“
Weyl definierte unser Bewusstsein implizit als etwas, das sich entlang
der Weltlinien des Körpers bewegt – der „Zeitfluss“wäre also abhängig
vom Bewusstsein. Das ist entweder eine widersprüchliche Behauptung oder
bedeutet, dass das Bewusstsein vielleicht überhaupt keine physikalische
Wirklichkeit besitzt.
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Ashtekars Kollege Carlo Rovelli, Physik-Professor an der Universität
Marseille, hält die Zeit ebenfalls für ein Truggebilde: „Auch wenn ich
es nicht beweisen kann, bin ich überzeugt, dass Zeit nicht existiert.
Ich glaube, dass es eine Möglichkeit gibt, das Funktionieren der Natur
zu beschreiben, ohne die Begriffe Zeit und Raum zu benutzen. ,Raum‘ und
,Zeit‘ werden nur innerhalb gewisser Näherungen sinnvoll bleiben – so
wie der Begriff ,Wasseroberfläche‘ seine Bedeutung verliert, wenn wir
auf die Atome des Wassers im Detail schauen: Sieht man genau genug hin,
gibt es so etwas wie eine Wasseroberfläche gar nicht.“ Ganz ähnlich
verhält es sich mit Zeit und Raum: „Es sind nur makroskopische
Näherungen – Illusionen, die unser Bewusstsein geschaffen hat...“
Alle Zitate aus dem Focus Artikel 'Zeit ist nur eine Illusion' - Hervorhebung von mir
Currently playing in the background: Electric Prunes - Get Me To The World On Time
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