David Thomas und Gitarrist Keith Moline
"Die Band hat immer nach dem Prinzip operiert: Wirf alles in die Luft und sieh zu, wie der Wind weht. Bei uns geht ein Zuhörer genauso viele Risiken ein wie die Spieler." - David Thomas via Musicline
"I didn't change my clothes for four days."- David Thomas beim Konzert von Pere Ubu am 20.2. im Gebäude 9 in Köln. Und genau so sieht er auch aus.
Schwitzend und Wein(?) und Bier trinkend, mit sparsamen Gesten eine Aura von düsterer, bitterer Melancholie verbreitend. Zwischendurch giftet er auch auch
schon mal seine Mitmusiker an. Ganz anders als in seinen damaligen Videos - quirlig, voller Energie und keine Sekunde still stehend.
Seine Mitmusiker, das sind zwei in Würde gealterte Herren und eine dementsprechende Dame nebst einem jüngeren Schlagzeuger. Ein Konzertbesucher neben mir sagt etwas von 'Antipunks' und: "So müssen alte Punks aussehen". Pere Ubu waren für mich nie Punk. Dazu ist ihre Musik zu vielschichtig und nicht geradlinig genug. Sie umkurvt die unterschiedlichsten Ecken - auch innerhalb eines einzigen Stückes.
Die Musik bleibt zerrissen, patchworkartig greifen die Instrumente
ineinander, dabei wird jedoch nicht der Eindruck erweckt, es handele
sich um freie Improvisation. (...) Jeder Part steht
für sich und wird vom Hörer im Tetris-Stil mit den anderen
zusammengesetzt. Dabei ist wieder der EML Synthesizer, seit
Anfangstagen fester Bestandteil von Pere Ubu und hergestellt von einer
Firma, die sich danach auf die Produktion von Kriegsmaterial
spezialisiert hat. Das nur nebenbei. Robert Wheeler, der ihn bedient,
ist zudem dafür zuständig, dass ein Theremin auch bedrohlicher wirken
kann als in 50er Jahre-Science Fiction-Filmen. Und dann ist da ja noch
die immer im Wechselspiel zwischen Wehtun und Wehklagen agierende
Stimme von David Thomas. Helium und Volumen zugleich. Das können sonst
nur Heißluftballons.
schreibt Boaluzern
... klingen die vielen Liebeslieder eines David Thomas wie herzzerreißendes Flehen, zeigt sich in den konvulsivischen Ausbrüchen dieses massigen Sängers der Furor der reinen, ungeschützten Melancholie. Unter jener von den Fliehkräften der Dissonanz geprägten Oberfläche verbirgt sich ein Dunkel, das Begriffe wie "Verzweiflung" nur mehr als Euphemismen erscheinen lässt. (Harry Lachner in der "Süddeutschen Zeitung")
"Und wenn man
das auch eigentlich nicht hinschreiben mag, so ist es aber eben doch
so: daß man, wenn man einen Abend lang diesem gewaltigen, zärtlich
brüllenden Rock-n'-Roll-Tier und dieser kraftvollen und klugen Musik
zugehört hat, nie wieder irgend etwas hören will von dem, was sich
heute ansonsten so auf das Erbe des Punkrock der Siebzigerjahre beruft,
von diesen ganzen sonnenbrillentragenden Stumpfbirnen, die von der
Musikindustrie in unermüdlichem Reigen auf die Konzertbühnen gestellt
und wieder hinuntergeschubst werden, von all diesen Killers und Jets
und Veils; man will überhaupt nie wieder irgend etwas hören, das nicht
so kraftvoll und zärtlich und klug ist, so traditionsbewußt und dennoch
so unnostalgisch wie die Musik von Pere Ubu." (Jens Balzer in einer Konzertkritik der "Berliner Zeitung")
via Bseliger
Nachdem ich bis Oktober 2006 ca. 15 Jahre lang fast ausschliesslich elektronische Musik gehört habe, bin ich jetzt total begeistert. So wie bei Keith Moline muss für mich eine Gitarre klingen - das Stück zerreissend und doch melodisch.
Ich erlebe bei Pere Ubu zum zweiten Mal in meinem Leben einen Theremin live auf der Bühne - das erste Mal war zufälligerweise ebenfalls im Gebäude 9. Bei 'Add N to X'. (Ein übrigens enttäuschender, uninspiriert dargebotener Auftritt.)
Robert Keen Lamb Wheeler (Synthesizer and homemade Theremin) and Michele Temple (Bass)
Nach dem Konzert kramt David Thomas einige Pappschachteln mit CD's hervor, setzt sich daneben und verkauft eigenhändig. Steven A. Mehlman, der Schlagzeuger, packt die T-Shirts aus und gibt jedem Käufer - also auch mir - anschliessend offen und freundlich die Hand. Es ist mein zweiter T-Shirt Kauf nach einem Konzert. Das erste Mal war bei 'La Fura del Baus'.
Wenn man möchte, kann man sich mit den Musikern ganz zwanglos unterhalten.
Schlagzeuger Steve Mehlman beim T-Shirt Verkauf
Die schönste David Thomas Anekdote, die ich im Netz gefunden habe, stammt von 'Walter Schmidtchen':
David Thomas hat mir mal einen Dinosaurier-Bus gemalt, mit
Kugelschreiber auf eine Plattenhülle, das Konzert hat er teilweise in
einem Liegestuhl absolviert, ab und zu hat er sich da rausgewuchtet und
auf einen Amboss eingedroschen. Guter Mann, sehr guter.
via hoeflichepaparazzi
Weitere Bilder des Konzerts gibt es in der linken Leiste unter 'Fotoalben'.
Currently playing in the background: Pere Ubu - Heart of Darkness
Maybe you see further than I can see,
or maybe things just look differently
Maybe I'm nothing but a shadow on the wall
Maybe love's a tomb where you dance at night
Maybe sanctuary is an electric light
I get so tired it's like I'm another man,
and everything I see seems so underhanded
I don't see anything that I want,
and I don't see anything that I want
Image, object and illusion
go down to the corner
where none of the faces fit a human form,
where nothing I see there isn't deformed,
where in a secret lab works a Doctor Moreau,
and no private eye's gotta tell me it's a long goodbye
I get so tired it's like I'm another man,
and everything I see seems so underhanded
I don't see anything that I want,
and I don't see anything that I want
Looking into the heart of darkness
via Lyrix
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